Believe the Hype! So wird ein Ladenhüter zum begehrten Trend-Accessoire
Insights für Unternehmen: Wie man Konsumtrends erkennt, sie gezielt für die Kommunikation nutzt und breite Awareness in der gewünschten Zielgruppe schafft, erläutert Sonja Mehrotra.
Die Geschichte des Stanley Cup erzählt davon, wie ein Trinkbecher aus recyceltem Edelstahl durch die Verkettung von Koinzidenzen zum „Must-have Item“ avancierte.
Die US-Marke Stanley ist seit über 100 Jahren auf dem Markt vertreten und war schon lange vor ihrem aktuellen Aufwind für Thermoflaschen und isolierte Trinkbecher bekannt – zur Zielgruppe gehörten vornehmlich Bauarbeiter und Outdoor-Enthusiast:innen. Ihr Modell „Quencher“ gibt es bereits seit 2002 und sollte im Jahr 2019 mangels Nachfrage eingestellt werden. Aber derzeit erlebt es einen regelrechten Hype in einer neuen Zielgruppe. Ausgelöst wurde er durch eine Gruppe von Müttern, die die Thermobecher und deren praktischen Nutzen auf ihrem Blog „The Buy Guide“ vorstellte (und gleich 5.000 Exemplare bestellte). Sofort nahm die Nachfrage wieder zu.
Die sozialen Medien als Multiplikator
Kurz darauf zeigte sich einmal mehr die Kraft von Social Media: Der Hashtag #StanleyCup verzeichnet mittlerweile über 500.000 Videos auf TikTok, in denen etliche User:innen stolz ihre Becher präsentieren und demonstrieren, womit sie diese befüllen. Insbesondere unter den Hashtags #watertok oder #stayhydrated rücken die neu entdeckten Stanley Cups in den Fokus. Dabei werden überzeugende Argumente wie hohe Qualität, Usability und Nachhaltigkeit durch Extra-Benefits aufgewertet, wie etwa die perfekte Abstimmung der Becherfarbe mit modischen Outfits. Es scheint, als seien die Becher zum neuen Mode-Accessoires schlechthin transformiert – und so ist es nicht ungewöhnlich, dass sie „aufgepimpt“ werden, angefangen bei farbenfrohen Schlüsselanhängern bis hin zu Lippenpflegeprodukten.
Letztendlich hat ein einzigartiger Clip für das größte Aufsehen gesorgt: Die TikTok-Nutzerin Danielle (@danimarelettering) teilte ein Video von ihrem scheinbar komplett ausgebrannten Auto, in dem ein Gegenstand völlig unbeschädigt blieb – der „Quencher“ Thermobecher der Marke Stanley. Heute verzeichnet der Post ganze 95 Millionen Aufrufe und über neun Millionen Likes. Als Marketingstrategie hätte es nicht besser für Stanley laufen können. So reagierte sogar der Geschäftsführer des Unternehmens, Terence Reilly, auf das Video und schenkte Danielle nicht nur neue Becher, sondern gleich ein brandneues Auto dazu. Eine starke Reaktion! Aber das war noch nicht der Höhepunkt des Hypes. Weitere Meilensteine manifestierten sich in verschiedenen Kooperationen, wie etwa mit Starbucks, deren limitierte Stanley Cup-Kollektion innerhalb kürzester Zeit ausverkauft war.
Gezielte Anwendung der Insights
So weit, so gut. Das viral und im realen Leben gefeierte Comeback des Stanley Cup zeigt eindrucksvoll den Impact, den Kommunikation in den passenden Kanälen, das richtige Timing und ein Quäntchen Glück bewirken können. Doch wie lässt sich eine Aneinanderreihung glücklicher Umstände standardisieren? Welche gewinnbringenden Erkenntnisse und Learnings können Unternehmen/ Marken aus der Erfolgsstory ziehen, um mithilfe ihrer Kommunikator:innen aus vermeintlichen Glückstreffern einen echten Marketing-Mechanismus zu entwickeln?
- Trendradar: Es bleibt für Unternehmen unerlässlich, ein Gespür für Konsument:innen-Trends zu systematisieren. Dazu gehört das Verständnis dafür, wie Konsument:innen ihre Produkte nutzen, damit neue Produktkontexte und Zielgruppen identifiziert werden können, an die man vorher nicht gedacht hätte. Konsument:innen-Meinungen sind nicht bloß Salestreiber, sie werden auch immer lauter, kritischer und aufgeklärter. Daher: Welche Produkte trenden? Wer pusht Trends? Welche Trends entstehen als Folge gesellschaftlicher Entwicklungen? Welche Trends sind gekommen, um zu bleiben? Unternehmen, die sich diese Fragen prozessbasiert stellen und beantworten, eröffnen sich die Chance, am Puls der Zeit zu sein, um sehr schnell auf Trends reagieren und sie mitgestalten zu können. Das garantiert Awareness, Umsatz und auch Abgrenzung vom Wettbewerb.
- Produktaktualisierung: Trends zu kennen, auf sie zu reagieren und/oder sie zu gestalten ermöglicht Agilität innerhalb der eigenen Produktrange. Daraus ergeben sich nicht selten relevante PR-Ideen, wenn es um das Produkt-Marketing geht. Das können zum Beispiel Kollaborationen und/oder Drops mit passenden anderen Unternehmen/Brands sein, deren Match aufgrund doppelter Strahlkraft eine Win-Win-Situation hervorruft.Beim Stanley Cup sorgte die Kooperation mit Starbucks für Furore: Ein exklusiv für Starbucks in Pfirsichpink entworfener Becher ist längst ausverkauft; bei Ebay kostet er mittlerweile rund 384 Euro – auch, weil Stanley nicht mehr nachproduziert, da Starbucks der Hype zu groß wurde. Beide Unternehmen profitierten von der Zusammenarbeit, da die Brands authentisch zusammenpassen.
- Visibilität: Finden Marken, die nicht auf Social Media stattfinden, überhaupt statt? Auf jeden Fall entgeht ihnen Awareness im Markt und innerhalb einer relevanten und kaufkräftigen Zielgruppe. Doch worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie sich auf Social Media präsentieren? Hierbei ist die Wahl passender Botschafter:innen und Kanäle (TikTok vs. Instagram) das A und O. Der perfekte Match ist immer dann gegeben, wenn Brandfit, Zielgruppen-Relevanz und Reichweite Eine authentische und erfolgreiche Social Media-Präsenz erfordert auch, dass die Kanäle erstgenommen und ständig aktualisiert werden; die Kriterien dafür variieren. Generell lässt sich zusammenfassen, dass alle Kanäle gepflegt werden müssen: inhaltlich wie auch visuell.
Im Fall des Stanley Cup erfolgte die Visibilität, die den Becher später zum Hype machte, durch eine Koinzidenz: Einzig der Stanley Cup „überlebte“ einen Autounfall. Seither ist der Becher ein „It-piece“ mit Hollywood-Appeal und wird von unbezahlten High-profile-Influencer:innen wie Jessica Alba und Adele genutzt.
Wir als Kommunikationsagentur unterstützen unsere Kund:innen dabei, diese und weitere „Erfolgsfaktoren“ zu implementieren – nämlich wichtige Konsumententrends frühzeitig zu erkennen und die Kommunikation rechtzeitig auf Konsument:innen-Bedarfe auszurichten. Ausgerüstet mit diesem zielgruppenzentrischen und kultursensiblen Radar sind Kommunikator:innen in der Ausgangsposition, heute und in Zukunft eine zeitgemäße und wirkungsvolle Zielgruppenansprache zu finden.
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Sonia Mehrotra leitet die Brand Affairs Practice von FleishmanHillard in Deutschland. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützt sie Marken aus den Bereichen Lifestyle, Food, Consumer Tech und Beauty dabei, sich kanalübergreifend zu positionieren und (neu) zu erfinden. Ihre zusätzliche Funktion Lead...
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