Am Ende gewinnt (nicht) immer die Bank - Wie Litigation-PR die Finanzbranche unterstützen kann
Omega 55 jagt Dr. No. Dies ist nicht etwa der Titel eines neuen James Bond Films. Hier geht es um einen ganz realen Wirtschaftskrimi der Gegenwart: Das Projekt Omega 55 verfolgt Dirk Jens Nonnenmacher, Ex-Chef der HSH Nordbank, alias Dr. No, bis in den Gerichtssaal, wo er neben anderen Ex-Vorständen der Bank wegen Untreue angeklagt ist. Das Verfahren ist der erste deutsche Wirtschaftsprozess, bei dem ein gesamter Bankvorstand auf der Anklagebank sitzt. Entsprechend stark ist auch der Fokus der Öffentlichkeit für die Bank.
Die HSH Nordbank ist nicht die einzige Bank, die vor Gericht steht. Immer öfter klopft die Staatsanwaltschaft bei Finanzdienstleistern mit Durchsuchungsbefehl an die Tür. Zahlreiche Banken sind in Prozesse verwickelt, die absehbar nicht nur zur Bedrohung für die empfindliche Reputation sondern auch für die Bilanzen werden können. In der vergangenen Woche gaben beispielsweise die UBS Rückstellungen für Prozesse in Höhe von 700 Mio. Euro bekannt. Die Deutsche Bank taxiert ihre Rückstellungen auf 620 Mio. Euro und halbiert damit den Quartalsgewinn. Mehr als die Hälfte der amerikanischen Unternehmen haben nach Aussage des Beratungsunternehmens Alix Partners ihre Ausgaben für Litigation erhöht – hier zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab.
Hinter den abstrakten Zahlen verbergen sich oftmals jahrelange rechtliche Auseinandersetzungen, die in der Öffentlichkeit oft schwere Reputationsschäden hinterlassen. Gerade im Investment Banking oder Wealth Management, wo der gute Ruf nach wie vor ein zentraler Erfolgsfaktor ist, fürchten sich die Banker zunehmend vor dem Gerichtssaal der Öffentlichkeit. Denn oftmals beginnt die mediale Vorverurteilung schon vor der Anklageerhebung. Im Falle der Deutschen Bank bleiben die Bilder von Steuerfahndern in Zivil, die in die Lobby der Bank stürmen, im Gedächtnis der Fernsehzuschauer hängen. Sie prägen die Wahrnehmung und schädigen die Reputation – ebenso wie die auf Dr. No fokussierte Berichterstattung der Medien über die HSH Nordbank.
Die Rolle der Litigation PR
Juristische Auseinandersetzungen werden daher zu einer zunehmenden Bedrohung für die Reputation. Sie gefährden den immateriellen Unternehmenswert des Unternehmens und lösen Kollateralschäden aus, die den juristischen Streitwert bei weitem übersteigen können. Angesichts dessen ist es immer noch erstaunlich mit welchem Unbehagen sich Kommunikationsmanager dieser Herausforderung stellen. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. In den Medien sieht man Litigation-PR allerdings durchaus positiv. Wer schon einmal einer Gerichtsverhandlung folgen musste, der ist für jede Maßnahme dankbar, die die schwierigen Argumente der Juristen anschaulich und verständlich macht.
In anderen Kommunikationsdisziplinen ist das längst Gang und Gäbe. Jedes börsennotierte Unternehmen bereitet eine Bilanzveröffentlichung akribisch vor. Analysten werden zu Telefonkonferenzen eingeladen. Journalisten stellen in Pressekonferenzen ihre Fragen an die Geschäftsführung. Auch die Fragen von Aktionären zum Geschäftsbericht werden beantwortet. Anders sieht es häufig bei Prozessen aus. Richter lesen seitenlange Dokumente gespickt mit Aktenzeichen und Präzedenzfällen vor. Schriftliche Erläuterungen wie beispielsweise eine aufbereitete Fallgeschichte für die Journalisten fehlen häufig. Dadurch werden komplexe Prozesse in den Medien oftmals fehlerhaft dargestellt – aber niemand erklärt es den Journalisten.
Hier setzt Litigation-PR an und bedient sich dabei häufig der Mittel klassischer PR. Gerade bei Prozessen gegen Banken stehen hochkomplexe rechtliche und finanzwissenschaftliche Themen im Mittelpunkt. Falsche Darstellungen in den Medien können für Banken rasch zu Reputationsschäden führen. Generell ist bei Litigation-PR eine enge Koordination mit der anwaltlichen Strategie zu beachten. Das bedeutet meist, den Klienten aus den Medien herauszuhalten, statt ihn gezielt hineinzubringen. Praktisch besteht diese reaktive Pressearbeit aus Hintergrundgesprächen, Dokumentationen des Falls, eventuell auch eine Litigation Website, die die Historie des Falls aufarbeitet und Einblicke in Gutachten gewährt. In vielen Prozessen werden auch Anwälte als Sprecher aufgebaut, um gerade bei sehr komplexen Themen den Medien Rede und Antwort zu stehen.
Litigation-PR-Fälle sind sehr individuell und müssen daher mit einer integrierten kommunikativen Strategie begleitet werden. Ziel ist, dass Banken und andere Klienten nicht nur den Prozess gewinnen, sondern am Ende auch im Gerichtssaal der Öffentlichkeit reüssieren.
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