Intelligente Kühlschränke und sprechende Staubsauger: Wieviel Innovation vertragen die Deutschen?

Die Deutschen wollen smart wohnen. Sagen sie. Laut einer Umfrage von Coqon können sich drei von vier in Deutschland lebende Personen gut vorstellen, in einem Smart Home zu leben. Oder anders gesagt: Sie wünschen sich technische Verfahren und Systeme in ihren Wohnräumen, die für eine bessere Wohn- und Lebensqualität, mehr Sicherheit und effizientere Energienutzung sorgen. Ganze 84 Prozent finden Produkte aus dem Bereich vernetztes Wohnen und Smart Home interessant bis sehr interessant.[1]

Autorin Hannah Roericht

Doch smart ist nicht immer gleich smart. Schaut man sich die Bereiche an, die unter den Begriff Smart Home fallen, unterscheiden diese sich in einigen wesentlichen Punkten voneinander: Das bedarfsabhängige Verwalten von Energie ist beispielsweise etwas anderes, als mithilfe eines Sprachassistenten wie Alexa die Lieblingsplaylist aufzurufen. Die Vorteile eines mitdenkenden Sicherheitssystems unterscheiden sich von denen eines intelligenten Kühlschranks, der eigenständig Lebensmittel nachbestellen kann.

Titelbild: Smart Home

Auch, wenn es um die Akzeptanz beim Verbraucher geht, gibt es beim Thema Smart Home Gewinner und Verlierer auf Seiten der Hersteller. Angebote zum Energiemanagement stehen bei den Deutschen zum Beispiel hoch im Kurs: Knapp die Hälfte könnte sich vorstellen, in Smart-Home-Lösungen zu investieren.[2] Gleichzeitig liegt das Verbraucherinteresse bei smarten Haushaltsgeräten (Kühlschränke, Backöfen etc.) aktuell noch im Tiefschlaf.

Deutsche Kaufbereitschaft von smarten Haushaltsgeräten moderat

Der weltweite Smart-Home-Markt für Haushaltsgeräte hatte allein in 2017 einen Wert von 8,77 Milliarden Euro. Mit 3,74 Milliarden Euro sind die USA der stärkste Markt. Europa kommt beim Umsatz für smarte Haushaltsgeräte mit 1,98 Milliarden Euro im Vergleich auf nur etwa die Hälfte.[3] Innerhalb Europas rangiert Deutschland bei der Smart-Home-Nutzung nur auf Platz vier – hinter Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien.[4] Verliert Deutschland hier den Anschluss?

Wirklich überraschend ist diese Skepsis nicht, gelten Deutsche, gerade was den Bereich Digitalisierung angeht, doch eher als Innovationsmuffel. Als Gründe werden in Medien vor allem mangelnde Experimentierfreude, Skepsis vor Neuem oder der deutsche Perfektionismus genannt. Aber trifft dies auch auf den Bereich smarte Unterhaltungselektronik zu? Oder hat das zögerliche Kaufverhalten andere Ursachen? Welche Hemmschwellen gilt es bei deutschen Verbrauchern zu überwinden – sowohl strukturell als auch mental? Und wie können Smart-Home-Anbieter Ihre Kommunikation entsprechend anpassen?

Hierzu wollen wir im Folgenden drei Thesen inklusive möglicher Lösungsansätze für die Unternehmenskommunikation beleuchten.

1. Innovation ja, aber bitte ohne Risiko

Entgegen hartnäckiger Vorurteile ist der deutsche Verbraucher Innovationen durchaus aufgeschlossen: So suchen laut der A-Gap-Studie von FleishmanHillard [5] deutsche Konsumenten verstärkt nach Haushaltsgeräten, die ihr Leben effizienter und zufriedenstellender gestalten. Gleichzeitig erwarten sie von den Herstellern aber auch ein hohes Maß an Service.

Die Risikobereitschaft für einen Fehlkauf ist unter deutschen Verbrauchern hingegen schwach ausgeprägt. Nahezu drei Viertel der Befragten geben an, innovative Produkte nur oder eher zu kaufen, wenn andere von ihren Erfahrungen damit berichten.

Unternehmen sollten diese Art der Rückversicherung in ihrer Kommunikationsstrategie berücksichtigen. Statt ihren Zielgruppen mit Fakten und technischen Details die Vorteile ihrer Produkte näherzubringen, sollten sie ihnen anhand von Journalisten-Testprogrammen, Influencerarbeit, Testimonials und Hands-On-Veranstaltungen die Möglichkeit geben, sich über unabhängige Dritte eine Meinung zu bilden und bestenfalls überzeugen zu lassen. Integrierte Offline- und Online-Marketingkampagnen können zusätzlich dabei helfen, durch regelmäßige Marken- und Produktpräsenz an relevanten Touchpoints das Interesse für die Marke zu stärken.

2. Smarter Haushalt: Thema Preis immer noch heiß

Schaut man sich die Beweggründe an, ein digitales Haushaltsgerät zu kaufen, spielt der Preis in Deutschland eine zentrale Rolle. Fast ein Drittel der deutschen Verbraucher gibt an, das vernetzte Produkt kaufen zu wollen, allerdings nur, wenn dieses nicht teurer als ein klassisches Vergleichsprodukt ist.[6]

Es ist daher keine Überraschung, dass deutsche Verbraucher dann in Smart-Home-Geräte investieren, wenn es sich um kleinere Anschaffungen wie Lichtschalter, Rauchmelder, Steckdosen oder Kaffeemaschinen handelt.[7] Kostenintensive Geräte wie vernetzte Waschmaschinen, Kühlschränke oder Staubsaugroboter sind hingegen derzeit selten in deutschen Haushalten präsent.

Das Thema Kostensensibilität ist also gerade für Hersteller von höherpreisigen intelligenten Haushaltsgeräten für den deutschen Markt wesentlich. Deshalb sollten sie in ihrer Kernbotschaft neben dem Innovationsgrad auch stets den Aspekt Kostenrechnung versus tatsächlicher Wert des Produkts einbinden. Sprich: Konsumenten müssen von vorneherein verstehen, warum der Preis den konkreten Mehrwert des Produkts rechtfertigt beziehungsweise warum der praktische Wert des Produkts die Kosten dafür offensichtlich übersteigt.

3. Fehlende Kenntnisse führen zu Skepsis

Neben dem Kostenfaktor sind mangelnde Kenntnisse über konkrete Alltagsvorteile von smarten Haushaltsgeräten für viele eine Kaufhemmnis. Die Angst vor unausgereiften Technologien, ein unklarer Mehrwert im Alltag, die Furcht vor komplizierten Installationen [8] – der deutsche Verbraucher ist verunsichert, ob sich die Anschaffung eines derartigen Gerätes auch wirklich lohnt.

Vor diesem Hintergrund ist besonders interessant, dass Verbraucher vernetzte Geräte in der Regel über einen Onlineshop kaufen. Eine umfangreiche Beratung, wie in einem Fachgeschäft üblich, nehmen sie dafür also kaum in Anspruch. Auch wenn der Kausalzusammenhang nicht belegt ist, spricht doch vieles dafür, dass dies einer der Gründe sein könnte, warum deutsche Verbraucher Smart-Home-Produkten tendenziell noch skeptisch gegenüberstehen: Ihnen fehlt eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Beratung und Hintergrundwissen.

Die Hersteller stehen hier ganz klar in der Aufklärungspflicht. Sie können und sollten mithilfe von Content Marketing ihren Zielgruppen Erklärungen und alltagsnahe Fallbeispiele an die Hand geben, um ihnen die Unsicherheit vor dem Risiko zu nehmen. Eine weitere Möglichkeit ist es, die eigenen Social-Media-Kanäle als Beratungs- und Dialogplattform zu nutzen.

Verbraucher wichtiger als Produkt

Grundsätzlich gilt: Ein smartes Haushaltsgerät kann noch so innovativ und praktisch sein – solange der deutsche Verbraucher nicht davon überzeugt ist, das Risiko eines Kaufs einzugehen, spielt das alles keine Rolle. Eben diese Kauf-Argumente muss intelligente Markenkommunikation liefern: in Form von integrierten Content-Marketing- und PR-Kampagnen und indirekt via Einbindungen von unabhängigen Influencern als Tester.

Die gute Nachricht: Ist die Skepsis einmal überwunden, sind deutsche Konsumenten durchaus innovationsoffen und können Markenvertrauen aufbauen. Sie wollen ja im Grunde auch smart wohnen. Sagen sie.

Quellen

[1] Statista-Umfrage ID 164392

[2] Coqon ID 581269

[3] Smart Home Report 2018 Statista

[4] Statista Digital Market Outlook

[5] Authenticity Gap 2017

[6] Nordlight Research Trendmonitor Deutschland; Umfrage 2017

[7] Statista 2018

[8] Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018