Internationales Mentoring – wie es funktioniert und warum es wertvoll ist

von
Stefanie Söhnchen

Coaching

Unser Leben wird immer komplexer: Entscheidungen, Herausforderungen und ständige Veränderungen verlangen den meisten von uns einiges ab. Mentoring kann helfen, den persönlichen Weg klarer zu sehen und sich als Mensch wie auch beruflich gut zu entwickeln. Mike Cearley, Senior Partner und Global Managing Director, mit Sitz in US-Bundesstaat Texas, ist seit über einem Jahr Mentor von Stefanie Söhnchen, Vice President Digital Strategy & Agency Marketing in Deutschland. In diesem Interview erzählen beide, wie eine Mentor-Mentee-Reise aussehen kann.

Wann ist Mentoring sinnvoll? Wie kann es aussehen – vor allem mitten in der Pandemie?

Stefanie: “Mitarbeiter/-innen, die in ein Unternehmen eintreten, profitieren besonders von einem Mentoring-Programm. Und das gilt umso mehr inmitten der Pandemie: Das Treffen und der Kontakt mit einem Mentor helfen, die Anfangszeit zu überstehen, sich schnell im Unternehmen zurechtzufinden und Kontakte zu wichtigen Kollegen zu knüpfen.”

Mike: “Mentoring ist immer sinnvoll, besonders jedoch in herausfordernden Situationen – wie mitten in einer globalen Pandemie – oder bei einem Jobwechsel, wie es bei Stefanie der Fall war, als wir uns kennenlernten.

Generell denke ich, dass der zwischenmenschliche Teil eines Jobs am wichtigsten ist. Wenn Mitarbeiter/-innen das Gefühl haben, dass man sich um sie kümmert, sie unterstützt, ihnen zuhört und sie verstanden werden, können sie ihr Bestes geben. Das wiederum kommt ihren Teams und der gesamten Arbeit zugute.

Wenn wir als Unternehmen hervorragende Leistung bringen wollen, müssen wir unseren Mitarbeiter/-innen ein gutes Unterstützungssystem und die bestmögliche Erfahrung bieten. Mentoring ist einer der Wege, wie wir das erreichen können. Deshalb nutze ich immer wieder die Gelegenheit, als Mentor tätig zu sein.”

Was haben Mentor und Mentee davon?

Stefanie: “Ein Treffen mit dem Mentor, gegebenenfalls auch in Videoform, ist ein Moment der Reflexion, um eine neue Perspektive zu gewinnen, Antworten zu erhalten und zu wachsen. Es kann helfen, sich in seiner Arbeit und im Unternehmen besser verankert zu fühlen.”

Mike: „Es ist ein ständiges Wachstum und eine kontinuierliche Entwicklung – und zwar für beide Seiten. Für mich ist es genauso erfüllend, Mentor zu sein, wie für die andere Person. Ich lerne durch sie. Ich lerne von ihnen. Ich erfahre, was sie erleben, fühlen und durchmachen.

Das gibt mir ein besseres Verständnis dafür, wie ich ihnen helfen kann. Aber es hilft auch mir, als Person zu wachsen sowie selbstloser und einfühlsamer zu sein. Das Schöne daran ist, dass sich das auf alle anderen Aspekte meines Lebens auswirkt.”

Was können beide Mentoring-Teilnehmer aus dem Prozess lernen? Was haben Sie persönlich gelernt?

Stefanie: „Ein Mentor kann Ratschläge geben und auch seine Meinung zu Dingen sagen, an denen der Mentee gerade arbeitet. Er oder sie unterstützt den Mentee sowohl auf der persönlichen als auch auf der beruflichen Ebene. Ich habe zum Beispiel gelernt, wie ich Entscheidungen am besten treffen kann und wie die Agentur strukturiert ist, wie sie funktioniert. Und auch, wie man ein besserer, besonnenerer Teamkollege wird.”

Mike: „Generell ist eines der wichtigsten Dinge, die ich persönlich gelernt habe, dass es wichtig ist, den Fokus von mir selbst zu nehmen. Nur wenn ich es schaffe, mich zu konzentrieren, präsent zu sein und Ablenkungen zu vermeiden, kann ich die beste Unterstützung sein, die der oder die andere in diesem Moment braucht.

Was meine Beziehung zu Stefanie betrifft, so hat sie mir eine Reihe von Dingen beigebracht. Eines der wichtigsten ist einfach, offen und verletzlich zu sein. Sie kommt zu jedem Gespräch mit Fragen, Gedanken und echten Herausforderungen, die sie beschäftigen.

Von der Bewältigung von Herausforderungen mit Teamkollegen und Vorgesetzten bis hin zu Möglichkeiten, das Geschäft aus- sowie Kundenbeziehungen aufzubauen. Um offen darüber zu sprechen und um Rat zu fragen, braucht man eine gewisse Demut und die Bereitschaft zu sagen: „Ich habe nicht alle Antworten“. Was jedoch wahrscheinlich am wichtigsten ist, ist eine Offenheit für neue Ideen und Weisheit.”

Was waren wichtige Momente/Fragen?

Stefanie: „Ein Mentor sollte die Fähigkeit haben, zu verstehen, was sein Mentee auf jeden Fall hören muss. Er oder sie sollte dem Gegenüber zudem das Gefühl geben, gesehen, gehört und geschätzt zu werden. Der wichtigste Moment im Mentoring mit Mike für mich war unser letztes Telefonat vor Weihnachten 2020. Mir gingen einige schwierige Dinge durch den Kopf – ich hatte viele Fragen und Unsicherheiten, die durch die Pandemiesituation und das hinter mir liegende Jahr noch verstärkt wurden. Mike hat das gespürt.”

Mike: „Da gab es so viele, ehrlich gesagt. Ein Moment, der mir in den Sinn kommt, ist, als Stefanie bei FleishmanHillard anfing. Sie bat mich proaktiv um ein Treffen und kam zu diesem Gespräch mit dem Wunsch, etwas zu lernen. Ich glaube, eines der ersten Dinge, die sie zu mir sagte, war: „Ich möchte von Dir lernen.“

Sie kannte mich überhaupt nicht, suchte aber Rat bei jemandem, mit dem sie in Verbindung stehen wollte. Ich denke, das erfordert eine Menge Mut, ganz zu schweigen davon, dass es so viel über Stefanie und die Art von Mensch aussagt, der sie ist.

Wir haben auch mehrfach darüber gesprochen, wie man zu Teamkollegen durchdringt, Vertrauen aufbaut und eine Verbindung herstellt, was meiner Meinung nach in einem Arbeitsumfeld ein ständiger Kampf ist, vor allem, wenn man nicht täglich persönlich zusammen ist.

Aber im Allgemeinen gehe ich an diese Gelegenheit mit der Einstellung heran, dass jeder Moment, der für den Mentee wichtig ist, auch der wichtigste Moment für mich ist, egal was es ist. Deshalb ist es für mich wichtig, dass ich in diesem Augenblick anwesend bin – damit ich mein Gegenüber respektieren und als das sehen kann, was er oder sie ist, und alles in ihn oder sie investieren kann.”

Wie trägt das Mentoring zu einer besseren Zusammenarbeit bei?

Stefanie: „Wenn ein Mentor viele Leute kennt, kann er seinen Schützling mit Kolleg/-innen im Unternehmen zusammenbringen, die bei Aufgaben und Fragen hilfreich sind.”

Mike: „Ich denke, der Kernpunkt ist Vertrauen. Wenn Menschen einander vertrauen und mehr noch, wenn sie wissen, dass sich jemand am anderen Ende um sie kümmert, sind sie eher bereit, großzügig zu sein und die extra Meile zu gehen.

Wenn sie während ihrer gesamten Erfahrung regelmäßig Berührungspunkte haben, an denen sie dies spüren – dass man sich um sie kümmert und dass sie in jeder Weise unterstützt werden – dann schafft das einfach ein Gefühl der Sicherheit. Mehr noch: Es wächst der Wunsch, mit Menschen verbunden zu sein – und eines der Nebenprodukte davon zeigt sich in der Art und Weise, wie man zusammenarbeitet.”

Was waren die konkreten Ergebnisse Eurer Mentoring-Reise?

Stefanie: „Seit etwa einem Jahr findet einmal im Monat ein EMEA Digital Leadership Call statt, der darauf beruht, dass Mike mich mit anderen zusammenbringt. Außerdem haben wir jetzt eine intuitivere Produktstruktur im Digital Team, die auf Mikes Input beruht. Am wichtigsten ist jedoch, dass ich durch Mikes Ratschläge eine bessere Kollegin und eine bessere Teamleiterin geworden bin, glaube ich.”

Mike: „Das größte Ergebnis ist, dass wir eine vertrauensvolle Beziehung haben, in der Gespräche sicher sind, die Beratung produktiv ist und wir beide Wachstum spüren und sehen.

Aber vor allem habe ich gesehen, wie Stefanie ihr Team vergrößert hat. Sie hat Barrieren innerhalb des Büros und der Kundenteams abgebaut, neue Produkte erstellt sowie verkauft und zusätzliches Business generiert.

Sie hat die Digital & Social Führungskräfte bei FleishmanHillard in der EMEA-Region miteinander verbunden. Das hat die Zusammenarbeit in der Region verbessert und sinnvolle Verbindungen mit den Kolleg/-innen geschaffen.”

Wem würdest Du ein Mentoring empfehlen und warum?

Stefanie: „Ich würde jedem und jeder raten, sich einen Mentor zu suchen – diese Art von Beziehung ist so bereichernd auf vielen Ebenen, finde ich. Man kann einen geschützten Raum mit jemandem aufbauen, der einem den Weg zeigen kann, zu werden, wie man sein möchte. Es ist allerdings nicht leicht, den richtigen Mentor zu finden. Deshalb sollte man sich darüber im Klaren sein, was man will, und sich jemanden suchen, bei dem die Chemie stimmt.”

Mike: „Wir alle brauchen Menschen in unserem Leben, von denen wir lernen können. Das macht uns in jeder Hinsicht besser. Such‘ nach ihnen, auch außerhalb der Arbeit! Unterschiedliche Perspektiven und Weisheit helfen uns, besser zu denken und zu unterscheiden. Darüber hinaus entstehen Beziehungen, die von Dauer sind.”

5 Tipps, wie Sie das Mentoring für sich selbst angehen können

  1. Haben Sie eine klare Vorstellung davon, was Sie lernen und in welchen Bereichen Sie wachsen wollen. Haben Sie einen thematischen Fokus oder einen Fokus auf persönliches Wachstum oder beides? Es ist wirklich hilfreich, einige allgemeine Ziele und Erwartungen für die Beziehung zu definieren, bevor Sie beginnen.
  2. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um zu recherchieren und zu beobachten. Schauen Sie sich intern in Ihrem Unternehmen, aber auch extern auf LinkedIn um, wer für Sie in Frage kommt und von wem Sie lernen könnten. Wie bei den meisten Beziehungen kann es sehr hilfreich sein, wenn die Chemie stimmt und ähnliche Werte vorhanden sind, um Vertrauen aufzubauen und Offenheit und Verständnis zu gewährleisten.
  3. Seien Sie nicht schüchtern. Da eine Mentoring-Beziehung in der Regel beiden Parteien hilft sich weiterzuentwickeln, sind viele Menschen offen dafür, Mentor zu sein. Scheuen Sie sich also nicht, die Person, die Sie gerne als Mentor haben möchten, um ihre Hilfe zu bitten. Denken Sie daran: Sie haben bereits ein „Nein” erhalten, Sie können ein „Ja” bekommen, wenn Sie fragen.
  4. Überlegen Sie, was Sie selbst mitbringen. Wenn Sie sich an einen Mentor wenden, könnte dies ein hilfreicher Anfang für ein Angebot sein: Sagen Sie ihm, warum Sie von ihm lernen möchten und nennen Sie auch Ihre Fachkenntnisse und Fähigkeiten. Viele leitende Angestellte sind an vielfältigen und jungen Perspektiven interessiert, die ihnen bei ihrer eigenen Arbeit helfen.
  5. Schlagen Sie eine Struktur vor. Wenn Sie eine Vorstellung davon haben, wie oft Sie sich wo treffen und wie die Treffen strukturiert werden sollen, wäre es gut, wenn Sie das von Anfang an gemeinsam festlegen. Auf diese Weise können beide Seiten einschätzen, ob sie die Erwartungen erfüllen können und bereit sind, langfristig zusammenzuarbeiten.

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