Die neue Normalität in der Agenturwelt: Elternschaft und flexible Arbeitsmodelle

Als ich vor 12 Jahren als Trainee bei FleishmanHillard in die Agenturwelt gestartet bin, waren Mütter hier noch absolute Mangelware. Und die wenigen, die sich fanden, beantworteten täglich auch nach ihrer regulären Arbeitszeit E-Mails – nur statt vom Schreibtisch, vom Spielplatz aus. Meinen Kolleginnen und mir wurde vorgelebt, dass es anders nicht funktioniert. Kunden müssen schließlich jederzeit auf ihre Ansprechpartnerinnen zugreifen können. Das Ergebnis davon? Kaum eine Mutter blieb lange in der Agentur und suchte sich lieber einen Job, in dem Teilzeit auch wirklich Teilzeitarbeit war. Was für eine traurige Verschwendung von Wissen und Potential. Und was für ein trauriges Mindset, das jungen Eltern (denn ja, auch Papas müssen für den Job nicht dauerhaft verfügbar sein) vorgelebt wurde. Und das war nicht nur hier so, sondern Konsens in der Agenturwelt. Wer plante, eine Familie zu gründen, suchte sich noch rechtzeitig einen Job im Unternehmen. Das Ergebnis? Junge Talente blieben 2 bis 3 Jahre in der Agentur, um dann woanders ihre Zukunft zu planen. Und gerade in den Unterhaltungen mit anderen jungen Frauen kam immer wieder auf, dass eine Zukunft mit Familie nicht zu einer Zukunft in der Agentur passt.

Auch heute stecken überwiegend Frauen beruflich zurück: Im Jahr 2022 arbeiteten 71,5 Prozent aller erwerbstätigen Mütter in Teilzeit. Bei den Vätern sind es hingegen nur 8 Prozent. Und an dieser Verteilung hat sich in den letzten Jahren fast nichts geändert. Dabei macht der Fachkräftemangel auch vor der Agenturwelt nicht halt: Es wird immer schwieriger, junge Talente für sich zu gewinnen. Aber wo stünden wir, wenn wir Teilzeitkräfte kategorisch aussortieren und insbesondere Müttern die Vereinbarkeit von Agenturjob und Familienleben erschweren?

Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, dass ich aus meiner Elternzeit zurück in den „alten Job“ gestartet bin. Wie sehr mich die Erfahrungen in den ersten Agenturjahren geprägt haben, habe ich erst mit dem Wiedereinstieg gemerkt. Vor allem die Frage, wie es sein wird, in Teilzeit zu arbeiten, trieb mich um. Dabei habe ich diese Entscheidung für mich sehr bewusst gefällt. Denn die Elternzeit hat mir gezeigt, dass ich meinen Agenturjob wirklich liebe. Sie hat mir aber auch gezeigt, dass ich ebenfalls leidenschaftlich gerne Mama bin – und dieses keine Mädchen, dass ich meine Tochter nennen darf, einfach rasend schnell groß wird. Und davon möchte ich so wenig wie möglich verpassen.

Und zugegeben, der Anfang war wirklich etwas holprig. Nicht, weil die Umstände mir einen schwierigen Start beschert haben, sondern weil mein Mindset nicht gepasst hat. Es fehlten mir Schlichtweg die Vorbilder. Wo sind denn die ganzen Mütter in Agenturen? Wie macht man das denn eigentlich mit dieser Teilzeit? Und wie funktioniert der Job eigentlich, wenn ich nachmittags nun mal keine Termine mehr machen kann? Und im Nachgang muss ich sagen: ich habe mich hier mehr selbst unter Druck gesetzt, als nötig war.

Denn es hat sich auch das Mindset in vielen Agenturen geändert: Elternschaft und Agenturjob lässt sich inzwischen nämlich durchaus vereinbaren. Bei FleishmanHillard gibt es inzwischen eine flexible Homeoffice-Regelung, die nicht nur Eltern zugutekommt. Inzwischen arbeite ich Großteils aus dem Homeoffice und komme im Schnitt einmal die Woche ins Büro. Das gibt mir Zeit und eine gewisse Flexibilität im Alltag – denn mit Kind(ern) kommt ja selten alles so, wie man es plant. Zudem kann ich meine Arbeitszeiten flexibel handhaben und bin rechtzeitig zur Abholzeit am Kindergarten. Auch ein gut aufgestelltes Team ist eine Grundvoraussetzung: die meisten Kundenteams besetzen wir so, dass neben einer Teilzeit- auch eine Vollzeitkraft unterstützt. Bei der Kundenauswahl wird versucht, auf Teilzeit Rücksicht zu nehmen. Kundencalls am späten Nachmittag oder frühen Abend sind in der Regel nicht mehr möglich, so dass es beispielsweise mehr Sinn macht, sich auf Kunden innerhalb Europas zu konzentrieren als an der amerikanischen Westküste. Und auf Kundenseite bin ich bisher auf keine großen Schwierigkeiten gestoßen, denn auch hier werden Eltern und Teilzeitarbeit immer visibler.

Stichwort Visibilität: Je offener man seine Teilzeit und Elternrolle kommuniziert, desto besser. Ich versuche hier selbst, sehr offen mit meiner Elternschaft und Teilzeitarbeit umzugehen und vorzuleben, dass ich aktuell nun mal zwei Jobs habe: PR-Beraterin und Mutter. Denn nur, wenn Eltern sichtbar sind, kann sich das veraltete Mindset ändern und ein Agenturjob bleibt weiterhin attraktiv für (werdende) Mütter und Väter.

 

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    Carolin Westphal hatte ihren beruflichen Einstieg im redaktionellen Umfeld eines Augsburger Verlagshauses. Dort kam sie auch das erste Mal mit PR in Kontakt und war sofort so begeistert, dass sie sich beruflich umorientierte. Seit Frühjahr 2011 unterstützt Carolin das Technologie-Team...

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