Messen in Zeiten der Pandemie

Die IFA war 2020 die erste größere Messe in Deutschland während der Corona-Pandemie, die auch tatsächlich einen größeren Präsenzanteil vorweisen konnte. Ein mutiges Experiment, denn ohne die normalerweise üblichen 250.000 Besucher, mit weniger Raum und weniger Ausstellern, sah sie völlig anders aus als gewohnt. Christina Jahn blickt zurück auf eine etwas andere IFA und erklärt die Folgen für die Kommunikation.

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Viele Unternehmen, darunter auch einige unserer Kunden, sind ihr diesmal ferngeblieben – ob aus Vorsicht wegen Covid-19, weil das Konzept nicht überzeugt hat oder weil es sich finanziell nicht gelohnt hätte. Und auch bei den Marken, die als Aussteller auf der Messe vor Ort waren, schlich sich das Gefühl ein: Obwohl es viele coole neue Produkte gab, wollte sich der IFA-Hype insgesamt nicht so recht einstellen, ihr typischer Spirit hat gefehlt.

Dass die IFA 2020 eine ganz spezielle Erfahrung war, haben uns auch viele Journalisten mitgeteilt. Spannend für sie und uns natürlich, das neue IFA Konzept live zu sehen. Aber letztendlich gab es zu wenig Neues live und exklusiv zu erleben. Ein interessanter Punkt: Die Pressekonferenzen waren nicht nur für Vor-Ort-Teilnehmer vorgesehen, sondern wurden im Rahmen eines digitalen Programms live gestreamt. Aber: Wenn es neue Produkte noch nicht am Stand zu sehen gibt und man die interessanten News auch im Büro oder heimischen Wohnzimmer bekommt, lohnt sich dann der Weg nach Berlin für Medien- und Branchenvertreter überhaupt noch?

Umstieg auf digitale Inhouse-Events?

Viele Unternehmen stellen heute ihre Neuheiten abseits der offiziellen Messe-Kanäle mit eigenen digitalen Launch-Events oder Presse-Briefings vor. Die Ergebnisse aus dieser neuen Art der Produktvorstellung waren aus Kommunikationssicht sehr erfolgreich – auch wenn Marken den Hype und den persönlichen Austausch auf der Messe natürlich ebenfalls vermissen. Anfangs haben wir bei der Berichterstattung „Streuverluste“ befürchtet, die sich letztendlich jedoch nicht eingestellt haben.

 

Wenn das Produkt spannend ist und das Storytelling sitzt, ist das Interesse auch abseits des Messe-Wahnsinns hoch.

 

Wenn das Produkt spannend ist und das Storytelling sitzt, ist das Interesse auch abseits des Messe-Wahnsinns hoch.

Und vielleicht ist es doch keine schlechte Idee, mit spannenden News und Launches nicht auf eine Großveranstaltung zu setzen, sondern sich abzuheben und zu einem anderen Zeitpunkt etwas eigenes Kreatives auf die Beine zu stellen. Apple macht es seit Jahren vor.

Vielleicht gibt es noch weitere Aspekte des neuen IFA-Konzepts, die wir in den nächsten Jahren beibehalten werden. Ich finde es zum Beispiel spannend, wenn neue Technik durch Pressekonferenzen im Livestream einem breiteren Publikum leichter zugänglich gemacht wird! Das war vor Covid-19 bei weitem kein Standardservice.

Virtuell weckt Technik keine Gefühle

Anderes, hat sich gezeigt, lässt sich nur schwer ins Virtuelle übertragen. (Consumer) Electronics ist Technologie zum Anfassen und löst oft genug Emotionen erst beim haptischen Erleben aus. Großartige neue Produkte rein digital zu präsentieren, stellt Marken vor massive Herausforderungen. Es fehlt das Greifbare, das Ausprobieren, das was Technologie – jenseits von Specs – emotional erlebbar macht. Ganz abgesehen vom persönlichen Austausch, Face-to-Face, mit Journalisten und Unternehmen, den auch wir schmerzlich vermissen.

Alle Messen, die dieses Jahr nicht abgesagt wurden, waren letztendlich ein Experiment – wie schon die komplett digitale Gamescom, so jetzt auch die IFA in ihrer diesjährigen Form. Und natürlich auch ein wichtiges Signal der Branchenevents: Es geht weiter, wir machen weiter! Ich bin gespannt, wie die nächsten digitalen und physischen Events und Messen im New Normal aussehen werden, und vor allen Dingen welche Aspekte einen dauerhaften Platz im Mix aus Marketing und Kommunikation behalten werden.