Veränderung der Medienlandschaft und der journalistischen Erwartungshaltung an B2B-Unternehmen

Anna Büchele

Die Medienlandschaft und die Art, wie B2B-Unternehmen mit Medienvertretern kommunizieren, hat sich im Lauf der letzten 20 Jahre revolutioniert. Die Medienlandschaft ist dynamisch und ständig im Wandel. Allein in den letzten zwei Jahren haben sich die Medienlandschaft und die Erwartungshaltung der Journalisten an B2B-Unternehmen stark verändert. Aufgabe der PR ist es, diese Veränderungen im Rahmen der Media Relations zu beachten und in die Kommunikation zu integrieren.

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1) Print vs. Online vs. E-Paper

Die drastische Reduzierung der Printausgaben von Fachzeitschriften erlebte während der Pandemie 2020 und 2021 ihren Höhepunkt. Die Verlage bemühten sich zunehmend um eine Straffung ihres Portfolios. Dafür gab es viele Gründe: die fehlenden finanziellen Einnahmen durch Anzeigenschaltungen, die Kurzarbeit der Redakteure und auch der Personalmangel.

Der Boom von Online-Inhalten führte aber schon vor der Pandemie dazu, dass digitaler Journalismus immer stärker an Bedeutung gewann. Im Gegensatz zu Print erlebte das E-Paper mit der Pandemie einen neuen Aufschwung. Viele Verlage stellten solche Papers während der Lockdowns kostenlos zur Verfügung, einige Fachverlage sind bis heute dabei geblieben.

2) Paid Content works

Die Anfragen von Journalisten und Fachverlagen bezüglich bezahlter Partnerschaften hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Gründe: Das Anzeigengeschäft sorgt als Hauptbestandteil der Finanzierung eines Mediums für das Gehalt der Journalisten. Die Werbeeinnahmen haben während der Pandemie allerdings sehr stark gelitten. Mittlerweile bestehen sogar einige Fachredaktionen auf Bezahlung, selbst wenn der Inhalt von hoher Relevanz ist. Paid Content funktioniert immer und schafft dazu noch eine stärkere Beziehung zu den Redaktionen.

Eine Gegenleistung von Unternehmen für die vielen gratis veröffentlichten Beiträge und Pressemeldungen ist nicht nur erwünscht, sondern wird sogar erwartet. Aus diesem Grund gehen auch die meisten Fachverlage so weit, dass sie Inhalte von Anzeigenkunden jenen von Nicht-Anzeigenkunden vorziehen. Die Überlegung lohnt sich also, ob der jeweils favorisierte Fachverlag nicht auch finanziell unterstützt werden sollte.

3) Pressemitteilungen: Fluch oder Segen?

Die Äußerungen vieler Journalisten lassen vermuten: Für die Versender sind Pressemitteilungen ein Segen, für die Empfänger eher ein Fluch. Wo früher noch Pressemeldungen aufwändig per Post oder Fax versendet wurden, braucht es heute nur einen Klick. Laut Angaben von Journalisten bekommen sie je nach Fachrichtung und Bekanntheitsgrad heute 80 bis 150 Pressemeldungen pro Tag.

Deswegen ist auch ein telefonisches Follow-up ein absolutes No-Go: Niemand möchte zu den bis zu 150 E-Mails am Tag auch noch 150 entsprechende Anrufe. Neuerdings verbannen Journalisten solche Unternehmen, die keine nennenswerten News verbreiten, ungelesen in Spam-Ordner. Bevor also eine Pressemeldung verschickt wird, sollte der Absender überlegen, ob sein Inhalt tatsächlich relevant genug ist. Übrigens: Laut einer Umfrage der HBI ist die beste Zeit zur Versendung einer Pressemeldung Dienstagvormittags.

4) Zuständigkeiten weichen auf

In der Regel betreuen heute mehrere Redakteure die Inhalte themenübergreifend. Damit ändern sich auch die Kompetenzzuweisungen in den Redaktionen, alles wird durchlässiger. Der Anspruch an die Qualität zugelieferten Contents hat dabei deutlich zugenommen. Das A und O ist hier die Identifikation des richtigen Ansprechpartners. Kommt es zu Nachlässigkeiten, verhält es sich mit Themenangeboten wie mit den Pressemitteilungen: Selbst eigentlich relevante Themenangebote können ungelesen im digitalen Papierkorb landen.

5) Mangel an Kapazitäten

Um die Kapazitäten steht es heute eher schlecht. Es mangelt den Redakteuren schlichtweg an Zeit. Oft ist also gar nicht das Desinteresse der Grund für die Absage eines Redakteurs. Deshalb ist es eine gute Idee, schriftliche Alternativen vorzuschlagen. Bieten Sie, lieber Leser, liebe Leserin, nicht nur ein Gespräch an, sondern auch, Fragen schriftlich zu beantworten. Oder stellen Sie den Redakteuren, die nicht an Ihrer Veranstaltung teilnehmen konnten, einen relevanten Newsletter zur Verfügung, der die Veranstaltung thematisch abdeckt. Sie werden sehen, dass die Redakteure oft die schriftliche Form bevorzugen.

6) Expertenmeinungen sind gefragt

Einhergehend mit dem Mangel an Kapazitäten sind Expertenstatements gefragter denn je. Neue, komplexe Themen kommen auf, viele Branchen befinden sich im Umbruch. Expertenmeinungen aus Unternehmen sind bei Journalisten sehr willkommen. Bauen sie auf ein gutes Fundament und sind entsprechend dem Stil des Magazins und seinen Guidelines aufbereitet, können sie die tägliche Arbeit der Journalisten durchaus bereichern.

7) Homeoffice auch in den Redaktionen von Dauer

Nach mehr als zwei Jahren Pandemie ist Homeoffice auch in den Redaktionen zum neuen Arbeitsstandard geworden. Viele Journalisten wünschen jedoch keine Telefonanrufe im Homeoffice. Da gilt es: E-Mails schreiben.

8) Neue Formate sind zur Normalität geworden

Nicht erst seit der Pandemie haben sich neue Formate entwickelt, mit denen Botschaften ein breites B2B-Publikum erreichen können. Die Anfragen für Teilnahmen an Podcasts und Statements in Bewegtbildformaten nehmen weiter zu. Podcasts sind nicht nur im B2C-Sektor, sondern auch beim B2B-Publikum sehr beliebt.

Aber: Auch wenn Podcasts als ein „lockereres“ Format angesehen werden, bleibt das Ganze dennoch ein Interview und sollte in seiner Vorbereitung und Durchführung auch wie eines behandelt werden. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie Ressourcen sowie professionelle Sprecher für neuen Formate bereitstellen. Besonders auch die nötigen Ressourcen, um Events und Konferenzen „hybrid“ zu gestalten. Für die Redakteure, die lieber virtuell teilnehmen möchten, entfällt der Reiseaufwand – Unternehmen erreichen damit einen weitaus größeren Journalistenkreis.

9) Der Einfluss von Fake News

Leider haben Fake News während der Pandemie vor allem durch Social Media-Inhalte stark zugenommen – für die Unternehmensreputation sind sie eine enorme Gefahr. Redakteure, die ihr Fach gut kennen, sind wahre Bullshit-Detektive. Der entsprechende Content wird immer penibler auf Herz und Nieren geprüft. Geht er nicht genug ins Detail, ist er ungenau, nicht interessant genug oder passt der Stil nicht zum Medium, wird er abgelehnt.

Verfassen Sie Beiträge also in jedem Fall mit einem scharfen Blick auf die Qualität. Schauen Sie sich idealerweise vorher andere Artikel aus dem Medium an und schreiben Sie Ihren Beitrag nach diesen Maßgaben.

10) Krise – und was jetzt?

Nicht nur die Kunden, auch die Journalisten erwarten von Unternehmen ein Statement in Krisenzeiten. Im Hinblick auf die Medien besteht andernfalls das Risiko, nicht mehr glaubwürdig zu wirken. Redakteure sind in diesem Bezug viel kritischer geworden und merken sich Unstimmigkeiten.

Bedenken Sie stets, dass ein Journalist mit oder ohne Ihr Statement über „Ihre“ Krise schreiben wird. Stattdessen basiert der Artikel dann ausschließlich auf eigenen Recherchen, manchmal sogar auch auf Meinungen oder Spekulationen, gekrönt von dem Schlusssatz: „Auf Anfrage wollte sich das Unternehmen nicht äußern“. Was vielmehr hilft, sind Sichtbarkeit und Präsenz.

Unser Tipp: Bereiten Sie Ihre Statements für die Presse früh genug vor. So können Sie schnell reagieren und es müssen ggf. nur minimale Anpassungen erfolgen. Vergessen Sie aber nicht, dass Ihre allgemeine Positionierung sehr entscheidend für die Wirkung des Statements ist. Journalisten achten sehr auf Glaubwürdigkeit und prüfen, ob Unternehmen ihre Aussagen tatsächlich leben.

Übrigens: Eine gute Vorbereitung hilft nicht nur bei internen Krisen, sondern auch in einer krisenhaften „Großwetterlage“. Aber Achtung: Nutzen (missbrauchen) Sie niemals solche Krisen, um Werbung für Ihr Unternehmen zu machen. Bereiten Sie reaktive Statements vor und gehen Sie nur dann proaktiv mit Statement- oder Gesprächsangeboten an die Presse, wenn Sie tatsächlich etwas wichtiges zu dem Thema beizutragen haben.

In Krisenzeiten ist es viel wichtiger, ein Gefühl von „wir helfen“ zu vermitteln, statt den Eindruck eines Profiteurs zu erwecken. Das nämlich kann zu massiven Reputationsschäden führen.

 

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  • Anna Büchele

    Anna Büchele ist Account Supervisor bei FleishmanHillard Deutschland. Sie hat Erfahrung in der B2B- und B2C-Kommunikation mit einem starken Fokus auf Media Relations. Anna Büchele hat sich über die Jahre ein großes Netzwerk aus Medienkontakten aufgebaut. Neben Media Relations gehören...

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