Die Wirtschaft will internationale Politik mitgestalten

Business

Welche Rolle spielen Unternehmen bei der Bewältigung globaler Krisen? Was erwarten globale Führungskräfte vom Multilateralismus? Und wie steht es mit dem Vertrauen der Wirtschaft in die Politik, wenn es um die Lösung globaler Herausforderungen geht?

Antworten auf diese Fragen gibt unsere neue Studie „EXPLORING MULTILATERAL COOPERATION. What international business leaders think about multilateral cooperation, partnership with government and the top issues on the global agenda“.

Autor Dr. Sebastian Schwark

Die COVID-19 Pandemie, der handelspolitische Konflikt zwischen den USA und China, der Brexit, die Spannungen zwischen dem Westen und Russland sowie die zunehmenden Extremwetter-Ereignisse setzen Entscheider unter Druck. Vor allem die Bekämpfung des Klimawandels steht dabei ganz weit oben auf der Agenda. Zu diesen Themen haben wir mehr als 700 wirtschaftliche Entscheider aus sieben G20-Ländern befragt.

Breiter Konsens bei vielen Themen

Trotz der Spannungen zwischen Regierungen auf der ganzen Welt gibt es einen breiten Konsens unter den Führungskräften aus Brasilien, China, Frankreich, Deutschland, Italien, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten über ihre Erwartungen, ihre Rolle und ihre Meinung zu den weltweit drängendsten Fragen. Es besteht Einigkeit in der Überzeugung, dass multilaterale Diplomatie und internationale Politik sowohl notwendig als auch äußerst wirksam sind.

Es herrscht ein starker Konsens unter den Befragten, dass Unternehmen bei der Aushandlung der Lösungen mit am Tisch sitzen müssen, um die Staats- und Regierungschefs zu unterstützen. Die bemerkenswerte Einsicht: Es steht zu viel auf dem Spiel, um eine Distanz zwischen Wirtschaft und politischer Führung zuzulassen. Die Wirtschaft will eng mit der Politik zusammenarbeiten, um globale Probleme anzugehen.

Unternehmen können sich politischen Konflikten nicht entziehen

Die Führungskräfte betonten, dass Fehl- und Desinformation eine große Bedrohung für ihren Unternehmenserfolg darstellen. Sie sehen die Vorteile von Multilateralismus und glauben, dass er effektive Ergebnisse erzielt, die für ihre Unternehmen ebenso wie zur Lösung globaler Herausforderungen entscheidend sind.

Weltweit sind die Wirtschaftsführer mit 73 Prozent mehrheitlich der Meinung, dass Unternehmen und Regierungen zusammenarbeiten und sich gegenseitig gerade in internationalen Fragen unterstützen sollten. Mehr als die Hälfte (65%) zeigt sich überzeugt, dass Firmen sogar eine Führungsrolle bei internationalen Themen übernehmen sollten. Die Führungskräfte wissen also recht gut, dass sich ihre Organisationen den Auswirkungen internationaler Konflikte nicht entziehen können (67%).

Politische Herausforderungen behindern die Unternehmensaktivitäten

Unsere Umfrage ergab auch, dass fast die Hälfte (45%) der Unternehmensleiter im nächsten Jahr Störungen durch geopolitische Probleme erwartet. Die am häufigsten genannten Sorgen waren dabei:

  1. Die COVID-19-Pandemie
  2. Digitale Sicherheit, Cyberkriminalität und Desinformation
  3. Unterbrechungen der Lieferketten
  4. Steuerpolitik
  5. Handelskonflikte

Die Führungskräfte zeigten sich aber zuversichtlich, dass ihr Unternehmen in der Lage ist, die Herausforderungen in den Ländern, in denen sie tätig sind, zu meistern – auch und vor allem im Hinblick auf weitere Regulierungen. Dabei wollen sie sich nicht auf ihre eigene Regierung oder auf internationale Organisationen wie die G20 zu verlassen. Genau 80 Prozent der Befragten aus China, der EU und den USA gaben an, sie seien in puncto Orientierungs- und Handlungsfähigkeit in allen Märkten optimistisch.

Rolle bei der politischen Entscheidungsfindung

Mehr als sieben von zehn Befragten befürworten eine Zusammenarbeit von Unternehmen und Regierungen zur Lösung globaler Probleme. Insgesamt sind 65 Prozent der Führungskräfte in den sieben Ländern der Meinung, dass die Wirtschaft dabei eine Führungsrolle übernehmen solle. In China (74%), dem Vereinigten Königreich (71%) und Brasilien (70%) ist dieser Anteil noch höher. Gleichzeitig sagten 71 Prozent, dass bei Themen wie dem Klimawandel ein „direktes Eingreifen der Regierung” erforderlich sei, damit Unternehmen florieren können. Das ist insofern bemerkenswert, als dass die Wirtschaft in der Regel marktbasierte Lösungen und Anreizsysteme bevorzugt.

Wirtschaftliche Erwartungen

Die Wirtschaftsführer zeigten sich hinsichtlich der weiteren allgemeinen Entwicklung optimistisch, aber auch realistisch. Mehr als sieben von zehn (73%) glauben, dass es in den nächsten 24 Monaten zu einer weltweiten wirtschaftlichen Erholung kommen wird. In der EU war die Aussicht auf eine schnelle Erholung der Wirtschaft von der Pandemie etwas gedämpfter, weshalb Führungskräfte sich mittelfristig eher auf die risikoärmeren Märkte der westlichen Demokratien konzentrieren wollen.

 

  • Dr. Sebastian Schwark

    Dr. Sebastian Schwark ist Partner und Senior Vice President bei FleishmanHillard Germany. Er leitet das Corporate Reputation Team und ist ein Experte für professionelles Reputationsmanagement. Sebastian Schwark unterstützt Unternehmen und Führungskräfte dabei, gesellschaftliche Fragen und Anforderungen der Stakeholder erfolgreich zu...

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